Wir gestalten die Zukunft der Audiowelt seit 1945
20. Juni 2025
Ein Gespräch mit den Co-CEOs Dr. Andreas und Daniel Sennheiser über das Geschäftsjahr 2024 und 80 Jahre Leidenschaft für einzigartigen Klang.
„Wir gestalten die Zukunft der Audiowelt seit 1945 – mit diesem Selbstverständnis schauen wir auf unsere Firmengeschichte. Dabei geht es weniger um die schiere Zahl der Jahre, sondern vielmehr um die Erfahrungen, an denen das Unternehmen gewachsen ist.“
– Daniel & Andreas Sennheiser
Herzlichen Glückwunsch zum 80-jährigen Jubiläum! Was bedeutet dieses besondere Jahr für Sie – als Geschäftsführer und als Familie?
Daniel Sennheiser: Wir gestalten die Zukunft der Audiowelt seit 1945 – mit diesem Selbstverständnis schauen wir auf unsere Firmengeschichte. Dabei geht es weniger um die Zahl der Jahre, sondern um die Erfahrungen, an denen wir gewachsen sind. Wir schauen mit Stolz, aber auch mit Demut zurück auf acht Jahrzehnte als unabhängiges Familienunternehmen. Wir dürfen das Unternehmern heute in dritter Generation führen – mit Mut und Verantwortung – und zusammen mit vielen, talentierten Mitarbeitenden, die unsere Leidenschaft für Audio mit uns teilen.
Was macht die DNA von Sennheiser aus – was hat das Unternehmen über acht Jahrzehnte hinweg geprägt?
Andreas Sennheiser: Der Antrieb, Dinge neu zu denken und nicht locker zu lassen, zieht sich wie ein roter Faden durch unsere Unternehmensgeschichte. Dieser Wille, Dinge zu erforschen, zu verstehen und Bestehendes infrage zu stellen – solange ein Problem nicht wirklich gelöst ist – macht uns aus. Neben dem Innovationsgeist ist es vor allem die enge Zusammenarbeit mit unseren Kund*innen, die den Kern der Sennheiser-DNA bildet. Ob bei der Erfindung des ersten drahtlosen Mikrofons der Welt im Jahr 1957 oder bei der Entwicklung neuer Kapselköpfe für globale Stars wie Ed Sheeran und Drake: Immer geht es darum, gemeinsam etwas zu schaffen, das bislang nicht existierte und so die Audiobranche ein Stück weit neu zu definieren.
Sie sprechen bahnbrechende Entwicklungen an: Welche Meilensteine – aber vielleicht auch weniger erfolgreiche Produkte – haben Ihr Unternehmen ganz besonders geprägt?
Daniel Sennheiser: Zweifellos gehört das erste drahtlose Mikrofon aus dem Jahr 1957 dazu; entwickelt gemeinsam mit dem deutschen Fernsehen. Damals wurde – sehr werbewirksam – live das Kabel durchschnitten und die Show lief trotzdem weiter. Ein weiteres Highlight war die Entwicklung des ersten offenen Kopfhörers HD 414, der 1968 auf den Markt kam. Das war der Beginn des Marktes für Musikkopfhörer; bis dahin gab es diese Produkte nur für technische Anwendungen. So entstand ein völlig neuer Markt, den wir anfänglich massiv unterschätzt hatten. Man ging damals von einem Potenzial von 500 Stück pro Jahr aus; unser Großvater produzierte 5.000; und sie waren nach drei Monaten ausverkauft. Letztlich wurden allein im ersten Jahr 50.000 Stück verkauft.
Aber es war auch nicht jede Innovation zur richtigen Zeit am Markt: Der erste True Wireless-Kopfhörer, den wir 2008 auf den Markt gebracht haben, war seiner Zeit voraus, weil das passende Ökosystem noch nicht vorhanden war. Und auch den Surrounder mit 3D-Sound haben wir Anfang der 2000er eigentlich zu früh vorgestellt – in einem Markt, der eigentlich erst heute richtig entsteht. Solche Erfahrungen gehören bei Sennheiser zur Lernkurve – und bestärken das Unternehmen in seinem Mut, auch unbequeme Wege zu gehen. Um immer wieder Neues hervorbringen zu können, braucht es eine Kultur im Unternehmen, in der man mutig vorangehen kann und auch mal scheitern darf.
"Um immer wieder Neues hervorbringen zu können, braucht es eine Kultur im Unternehmen, in der man mutig vorangehen kann und auch mal scheitern darf."
– Daniel Sennheiser

Wie gelingt es, diese Innovationskultur über Jahrzehnte zu erhalten?
Andreas Sennheiser: Die Antwort liegt vor allem darin, keinen zu engen Rahmen vorzugeben. Die Haltung unseres Großvaters Fritz Sennheiser „Ingenieure brauchen Raum zum Spinnen“ gilt bis heute. Kombiniert wird sie mit einem klaren Verständnis dafür, dass echte Innovation oft einen langen Atem braucht. Unsere 3D-Audio-Algorithmen entwickeln wir beispielsweise seit über 25 Jahren kontinuierlich weiter; heute kommen sie in Virtual und Augmented Reality ebenso zum Einsatz wie im Automobilbereich. Es geht also darum, auch mal um die Ecke zu denken, statt nur geradeaus.
Verlässlichkeit ist heute mehr denn je gefragt – wie zeigt sich dieser Anspruch bei Sennheiser im täglichen Handeln?
Daniel Sennheiser: Verlässlichkeit ist für uns als Unternehmen ganz klar ein Wettbewerbsvorteil – sowohl in der Qualität und Zuverlässigkeit unserer Produkte als auch in der unternehmerischen Haltung. Während der Corona-Pandemie konnten wir unsere Kund*innen durch stabile Lieferketten durchgängig beliefern, weil wir sehr konsequent in unsere Supply Chain investiert haben. Wir haben eine hohe Wertschöpfungstiefe und setzen unverändert auf unsere Fertigung in Deutschland und in unserem Werk in Rumänien. Auch in der aktuellen wirtschaftlichen Lage zeigt sich unsere Verlässlichkeit, etwa durch eine partnerschaftliche Kommunikation bei Preisentwicklungen. Gerade in herausfordernden Zeiten zeigen wir Haltung – nicht mit vorschnellen Reaktionen auf politische Entwicklungen, sondern mit transparentem Dialog.
Eine lange Unternehmensgeschichte geht auch mit einem Versprechen an die Zukunft einher. Was tun Sie schon heute, um das Unternehmen auf künftige Generationen vorzubereiten?
Andreas Sennheiser: Wir möchten auch weiterhin ein familiengeführtes Unternehmen bleiben. Daher streben wir eine solide Profitabilität an, um weiter investieren zu können. Unseren Kund*innen versprechen wir auch für die Zukunft Verlässlichkeit und einzigartige Klangerlebnisse.
Daniel Sennheiser: Und wir investieren langfristig in unsere Zukunft, indem wir selbst ausbilden und ein attraktives, flexibles Arbeitsumfeld schaffen. Für uns bedeutet Führung, Richtung und einen Rahmen zu bieten in denen jeder wachsen und sich entwickeln kann.
Wir haben gehört, vieles liegt in der DNA des Unternehmens. Welche Impulse haben aber in der jüngeren Vergangenheit die Unternehmenskultur von Sennheiser verändert und weiterentwickelt?
Andreas Sennheiser: Flexibilität ist heute ein zentraler Bestandteil der Sennheiser-Kultur. Mitarbeitende arbeiten dort, wo es für sie, ihr Team und ihre Projekte am sinnvollsten ist. Und während in der Vergangenheit beispielsweise für Forschung und Entwicklung ein Arbeitsort in der Wedemark gesetzt war, arbeiten wir heute hybrid zusammen.
Gleichzeitig wurde das Thema Diversität deutlich sichtbarer. Wir sind schon immer in einem sehr diversen Markt unterwegs, denn Musik war schon immer integrativ und hat Menschen mit verschiedenen Hintergründen zusammengebracht. Es ist unmöglich, sich Musik – oder Sennheiser – ohne Vielfalt vorzustellen. Wir sind international aus Überzeugung. Unsere Kunden und Kundinnen aus der Musikindustrie, Rundfunk, Fernsehen und Bildungseinrichtungen repräsentieren Vielfalt und eine Vielzahl von Meinungen wie kaum eine andere Gruppe. Wir verstehen uns als ein Abbild unserer Kund*innen. Und wenn jemand sein oder ihr volles Potenzial entfalten kann und dabei gezielt gefördert wird, profitieren am Ende alle – das Unternehmen ebenso wie die Gesellschaft. Auch wenn es in der Gesellschaft derzeit entgegengesetzte Strömungen gibt: Vielfalt ist ein wichtiger, unantastbarer Grundwert unseres Unternehmens.
"Auch wenn es in der Gesellschaft derzeit entgegengesetzte Strömungen gibt: Vielfalt ist ein wichtiger, unantastbarer Grundwert unseres Unternehmens."
- Andreas Sennheiser

Schauen wir jetzt einmal auf das vergangene Geschäftsjahr. Was ist Ihr Fazit zum Jahr 2024?
Andreas Sennheiser: 2024 war ein anspruchsvolles Jahr. Trotz volatiler Marktbedingungen konnten wir aber unsere Position im professionellen Audiomarkt festigen und gleichzeitig wichtige Zukunftsprojekte vorantreiben. Es war es ein Jahr, das Kraft gekostet hat, aber in dem wir die Grundlage für zukünftiges Wachstum legen konnten.
"Trotz volatiler Marktbedingungen konnten wir aber unsere Position im professionellen Audiomarkt festigen und gleichzeitig wichtige Zukunftsprojekte vorantreiben."
- Andreas Sennheiser
2024 war erneut ein Jahr wegweisender Produktinnovationen. Können Sie uns Ihre Highlights nennen?
Daniel Sennheiser: Der Launch von Spectera markiert für Sennheiser einen echten Paradigmenwechsel: Weg vom klassischen Funkmikrofon, hin zu einer programmierbaren Plattform – vergleichbar mit dem Sprung vom Tastentelefon zum Smartphone. Software-Updates ersetzen Hardwarezyklen, Kund*innen gewinnen maximale Flexibilität – um neue Anforderungen nicht nur zu definieren und zu integrieren, sondern selbst aktiv weiter zu innovieren.
Zudem haben wir unser Portfolio durch den Kauf des auf Audio-Software spezialisierten Unternehmens Show Code strategisch erweitert. Wir wollen unsere Position im professionellen Audiomarkt weiter festigen: Neben Investitionen in unser bestehendes Geschäft gehören dazu auch Investitionen in vielversprechende Zukunftsfelder außerhalb unseres Unternehmens, sofern diese gut zu unserer Vision passen. Durch die Zusammenarbeit wollen wir vor allem die Entwicklung der Software SoundBase gemeinsam vorantreiben werden, denn sowohl Sennheiser als auch Show Code verstehen die Komplexität von Live-Events.
Auch bei Neumann wurde mit der Akquisition von Merging und dem MT 48 sowie neuen Softwarelösungen das Studio-Versprechen „End-to-End“ eingelöst. Weitere Highlights waren die TeamConnect Bars für Konferenzlösungen, das Ceiling Mic TCCM, die Creator-Lösung „Profile Wireless“ und der MD 421 Kompakt. Besonders großes Potenzial sehen wir auch im Bereich Hochschule und Bildung: Wir können den gesamten Campus ausstatten, von Deckenmikrofonen, über Mikrofonsysteme in den Hörsälen, bis hin zu kollaborativen Systemen für hybrides Lernen in kleineren Räumen.
Was waren denn im Jahr 2024 die größten Investitionsfelder? Was haben Sie auf den Weg gebracht, um für die Zukunft erfolgreich aufgestellt zu sein?
Daniel Sennheiser: Auch im Jahr 2024 haben wir – trotz der anspruchsvollen gesamtwirtschaftlichen Lage – kontinuierlich in die Forschung und Entwicklung investiert; konkret rund 10 Prozent unseres Umsatzes. Diese Resilienz, gerade in herausfordernden Zeiten an der Zukunft zu arbeiten, zeichnet uns als Familienunternehmen aus. Ein besonderer Fokus lag zudem auf der Automatisierung in der Produktion: Am deutschen Standort wurde die SMT-Technologie zur Chip-Bestückung weiterentwickelt. Hier haben wir in 2024 12,2 Millionen Euro investiert; 13,7 Millionen Euro in unsere Produktionsstandorte insgesamt. In den Jahren zuvor hatten wir bereits intensiv in unser Werk in Rumänien investiert. Neben der Weiterentwicklung unserer Produktionskapazitäten in Deutschland und Rumänien haben wir 2024 rund 3,1 Millionen Euro in die Digitalisierung wichtiger Customer Touchpoints und Backend-Prozesse investiert – ein wichtiger Schritt in Richtung digitaler Geschäftsmodelle und einer agilen Serviceorganisation.
Was wünschen Sie sich für das Jahr 2025, aber auch darüber hinaus?
Andreas Sennheiser: Unsere Erwartung ist, dass wir weiterhin mit unseren Kund*innen innovative Lösungen finden, um die Zukunft der Audiowelt noch besser zu machen. Wir sehen einen starken Trend von Festivals, Konzerten, aber auch Ausstellungen, Museen hin zu multimedialen Großveranstaltungen. Die Menschen wollen „WOW“-Momente erleben und dazu braucht es Technik, die reibungslos zusammenarbeitet. Als Unternehmen wollen wir weiter neugierig bleiben. Wir wollen Dinge erforschen, von denen wir glauben, dass sie einen Einfluss auf die Zukunft haben, auch wenn es vielleicht manchmal ein bisschen länger dauert, bis sich das zeigt.
"Wir wollen auch in 20 Jahren noch diese Nähe zu unseren Kund*innen haben, und gemeinsam mit ihnen Gänsehautmomente schaffen"
- Andreas Sennheiser
Von 80 ist die 100 nicht mehr weit. Was wünschen Sie sich für den 100. Geburtstag von Sennheiser?
Andreas Sennheiser: Wir wollen auch in 20 Jahren noch diese Nähe zu unseren Kund*innen haben, und gemeinsam mit ihnen Gänsehautmomente schaffen - und auch intern weiterhin dieses Feuer für Fortschritt und Audio spüren. Mit allem, was wir bisher erreicht haben, bin ich zuversichtlich, dass wir das schaffen werden.
Daniel Sennheiser: Ich wünsche mir außerdem, dass wir unsere starke und erfolgreiche Kultur basierend auf den gemeinsamen Werten für die Zukunft weiterentwickeln: Historisch verwurzelt mit Blick nach vorne – mit Kolleg*innen, die weiterhin auf allen Ebenen Verantwortung übernehmen: für Innovation, für unsere Kund*innen und darüber hinaus.
Hier geht's zum Geschäftsbericht 2024.